

Mein Weg zum YouTuber
Es war ein Dienstagmorgen. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen. Mein Name wurde über den Flur gerufen: “Michael, kommst du mal bitte in mein Büro?” Dieser Satz war mir nicht fremd – viel zu oft hatte ich ihn in meiner beruflichen Laufbahn gehört. Und jedes Mal bedeutete es nichts Gutes. Als ich das Büro betrat, saß mein Abteilungsmeister bereits da. Sein Blick war ernst, beinahe bedauernd. Doch ich wusste, was jetzt kommen würde. Also kam ich ihm zuvor: “Wann? Sag mir einfach nur wann.”
Er atmete tief ein, als wolle er sich für das vorbereiten, was er gleich sagen musste. Dann hielt er meinen Blick fest und sprach mit schwerer, fast erstickter Stimme: “Ende der Woche. Es tut mir leid.”
Michael Truppe / Youtuber und Handwerker
Die Worte hallten in meinem Kopf nach, kalt und endgültig. Ich wurde “abgemeldet”, aussortiert, als wäre ich nie mehr als eine Nummer gewesen. Ein weiterer Leiharbeiter, entbehrlich und ersetzbar. Mein ganzes Arbeitsleben lang war ich nur das: ein Leiharbeiter. Ein Mann ohne festen Platz, ohne Zugehörigkeit. Niemand wollte mich wirklich. Überall nur auf Zeit, nirgendwo ein Zuhause. Ich wollte mich einbringen, wollte Dinge besser machen. Doch meine Vorschläge stießen auf taube Ohren.
Immer wieder.
Sie wollten keine Menschen, die mitdenken. Sie wollten Maschinen, Zahnräder, die sich lautlos drehen.
Arbeiterbienen, keine Stimmen, keine Ideen. Und so stand ich da, ein weiteres Mal, mit der Gewissheit: Ich gehöre nicht dazu. Ich habe nie dazugehört. Rückblickend ist mir klar: Ich war nie dafür gemacht, ein Angestellter zu sein. Ich konnte mich nie gut unterordnen. Autoritäten – sie bedeuteten für mich nicht Sicherheit, sondern Begrenzung. Jahrelang habe ich mich gefragt, was nur falsch mit mir war. Warum konnte ich mich nicht einfügen? Warum war ich nie gut genug? Warum flog ich immer wieder aus den Jobs? Ich fühlte mich wie ein Versager, der nirgendwo reinpasste.
Es gibt zwei Arten von Menschen: Diejenigen, die sich anpassen – und diejenigen, die aus der Reihe tanzen müssen, weil sie anders sind. Weil sie mehr wollen. Ich gehörte zur zweiten Sorte. Ich hatte es nur noch nicht erkannt. Jahrelang verfolgte mich derselbe quälende Traum: Ich wollte rennen, doch meine Beine bewegten sich wie in Zeitlupe. Ich strampelte, kämpfte – doch ich kam nicht vorwärts. Immer wieder. Eine unsichtbare Kraft hielt mich fest. Dieser Traum verschwand erst, als ich meinen YouTube-Kanal startete. Vielleicht, weil ich endlich rennen durfte. Weil mich niemand mehr aufhielt.
Und da saß ich also – mal wieder arbeitslos. Aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Kein lähmender Stillstand, keine Angst. Zum ersten Mal spürte ich etwas, das ich vorher nie gekannt hatte: Hoffnung. Ich hatte zwar keinen richtigen Plan, aber eine Idee: Ich werde YouTuber. Diese Entscheidung fiel mir nicht schwer. Mein Kanal Let’s Bastel existierte bereits. 30 Videos, 80 Abonnenten – auf dem Papier nichts Großes. Kein Vermögen. Kein Ruhm.Aber es war ein Anfang. Und manchmal reicht ein kleiner Schritt, um endlich loszulaufen um endlich rennen zu können.
Der Gang zum Jobcenter
Um meinen Traum zu verwirklichen, brauchte ich Zeit. Und um Zeit zu haben, brauchte ich Geld für Miete und Essen.
Also machte ich mich auf den Weg zum Jobcenter. Man muss sich vorstellen: Das war 2015. “YouTuber” war kein richtiger Beruf. Influencer? Dieses Wort kannte kaum jemand. Mein Jobberater schaute mich an, als hätte ich gerade gesagt, ich wolle Astronaut werden. “Sie wollen was machen?” Seine Stirn legte sich in Falten. “Und wie soll das Geld bringen?” Zwischen mir und meinem Traum stand also dieser Mann – und ein Formular. Es gab damals einen sechsmonatigen Gründungszuschuss, aber dafür brauchte ich einen Businessplan. Einen was? Ich hatte keine Ahnung, was das war. Aber ich lernte schnell. Mir wurde der Verein “Aktiv-Senioren” empfohlen – ein Zusammenschluss ehemaliger Unternehmer, die Gründern halfen.
Ich erzählte Herrn K. von meinem Plan. Er hörte mir zu, dachte einen Moment nach und sagte dann: “Das könnte klappen.” Er sah irgendwas in mir, hat er mir später erzählt. Mit seinem Okay bekam ich den Zuschuss. Das bedeutete: Sechs Monate Gründungszuschuss. So konnte ich meine Miete bezahlen, mein Essen und die Miete der Werkstatt. Mehr war da dann auch nicht drin.
Die eiskalte Werkstatt
Ich hatte keinen Chef mehr. Keine Regeln. Kein “Michael, kommst du bitte in mein Büro?” Ich konnte arbeiten, so oft ich wollte. Also tat ich genau das – jeden einzelnen Tag. Es war ein Traum, mit einem Haken. Es war Winter. Und meine Werkstatt hatte keine Heizung. Die Temperatur draußen war die Temperatur drinnen. Minus sechs Grad. Mein Atem stand als kleine Wolke in der Luft. Der Leim wollte nicht abbinden. Meine Finger waren so kalt, dass ich sie kaum noch bewegen konnte. Aber es war mir egal.
Denn ich lebte meinen Traum.
Ein paar Monate später kam der Tag, an dem ich meine Miete und mein Essen von meinen YouTube-Einnahmen bezahlen konnte. Ich hatte es geschafft. Doch wie immer im Leben wartete die nächste Herausforderung bereits auf mich. Ich musste auf Grund von äußeren Umständen die Werkstatt zeitnah verlassen – aber wohin? Ich suchte monatelang. Alles war zu teuer. Mein Geld reichte gerade für die nötigsten Dinge. Ich lebte nicht den “YouTuber-Lifestyle” mit teuren Autos und Uhren. Ich zählte jeden Cent. Eines Tages stieß ich auf eine Werkstatt. Ich fuhr hin. Sah sie mir an. Sie war perfekt. Groß, hell – genau das, was ich brauchte. Aber ich hatte Zweifel. “Ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann”, sagte ich zu Werner, dem Vermieter. Er zuckte die Schultern. “Ich auch nicht. Das musst du schon selbst wissen.” Ich schluckte. Dann traf ich die Entscheidung: Ich mache es. Dieser Schritt war ein großes Risiko.
Die Miete war eine große zusätzliche Belastung die ich gerade so stemmen konnte. Da blieb dann nix mehr für anderen Dinge übrig. Das Geld war knapp. So knapp wie noch nie. Der Mut, den nächsten Schritt zu gehen In den Jahren, die folgten, habe ich eines gelernt: Wenn man mutig ist, passiert oft genau das Richtige. Nicht, weil das Universum es so will. Sondern weil Mut Türen öffnet, die einem sonst verschlossen bleiben. Glück ist, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft. Ich richtete meine Werkstatt Stück für Stück ein. Jahr für Jahr. Heute ist sie mir fast zu klein. Aber ich liebe sie. Hier ist alles, was ich mir je erträumt habe. Mein Traum hat mich hierhergeführt.
Und ich bin noch lange nicht am Ziel.

Ich hoffe, meine Geschichte inspiriert dich, deine eigenen Träume zu verfolgen und sie Wirklichkeit werden zu lassen. Der Weg mag nicht immer leicht sein, aber wir haben nur dieses eine Leben – und es verdient, dass wir es mit Dingen füllen, die uns Freude bereiten und uns erfüllen.
Egal, welche Ziele du hast – ob es darum geht, eine Familie zu gründen, dein eigenes Unternehmen aufzubauen, die Welt zu bereisen, beruflich neue Wege einzuschlagen oder ein neues Hobby zu entdecken – ich wünsche dir von Herzen alles Gute. Mögen all deine Vorhaben gelingen, und mögest du ein Leben führen, das dich glücklich macht.
Alles Beste für dich,
Michael